Motivation

Es gibt sehr verschiedenartige Anwendungen für die elektronische Datenverarbeitung im Gesundheitswesen. Daraus resultieren verschiedene Nutzergruppen mit teilweise sehr unterschiedlichen Bedürfnisse. Diese Nutzergruppen können in folgende Kategorien eingeteilt werden:

Allgemein praktizierende Ärzte
  • Die wichtigste Anwendung für praktizierende Ärzte ist eine sichere und zuverlässige papierlose Praxis-Verwaltung. Ein Datenverlust bei der täglichen Arbeit oder beim Übergang auf ein anderes System ist nicht akzeptabel. Darüber hinaus müssen Patientendaten aus Datenschutzgründen absolut zuverlässig vor unbefugtem Zugriff geschützt werden. Schließlich ist auch der Nachweis, daß die Daten nicht manipuliert wurden, für den Arzt sehr wichtig, denn nur dann kann die elektronische Patientenkarte als vollwertiger Ersatz für die Patientenakte auf Papier dienen.
  • Die Effektivität der täglichen Arbeit erfordert eine leichte und schnelle Bedienung, die es dem Arzt ermöglicht, so schnell wie möglich die erforderlichen Daten abzurufen und zu erfassen. Der Computer sollte dem Arzt die maximale Konzentration auf den Patienten ermöglichen und selbst kaum Aufmerksamkeit erfordern.
Stationäre Patientenverwaltung
  • Hinsichtlich der Sicherheit und der Vertrauenswürdigkeit gilt für die klinische Patientenverwaltung das gleiche wie für die allgemeine Arztpraxis. Jedoch kommt dem Aspekt der sicheren Kommunikation, sprich dem Austausch klinischer Daten, hier eine bedeutend wichtigere Rolle zu. Natürlich ist auch eine bedeutend größere Patientenzahl durch die Software zu bewältigen.
  • Daher ist ein standardisierter Austausch medizinischer Daten eine notwendige Anforderung an ein Programm zur klinischen Patientenverwaltung.
Medizinische Forschung
Es gibt eine Vielzahl von Anwendungen, die für die medizinische Forschung nützlich sein können. Beispiele für Felder, auf denen Freie Software verfügbar ist oder sich in der Entwicklung befindet sind:
  • Offene Plattform für Telepathologie
  • Offene Umgebung für medizinische Studien
Mikrobiologie
  • Es existiert eine große Anzahl Freier Software Werkzeuge für die Analyse von Protein- und DNA-Sequenzen. Viele davon sind bereits in Debian integriert und weitere werden hinzugefügt. Leider sind viele dieser Programme typische UNIX-Kommandozeilenwerkzeuge, deren Bedienung für die ins Auge gefaßte Nutzergruppe nicht leicht zu erlernen ist. Allerdings befinden sich integrierte graphische Benutzeroberflächen in Entwicklung.
  • Wünschenswert wäre hier ein portables Datenformat, das zwischen diesen Programmen einen einfachen Austausch ermöglicht.

Nutzerprofil

Der typische Nutzer von Debian-Med wird in der Regel eine geringe technische Kompetenz und nur begrenzte Kenntnisse über die Interna von Computern besitzen. Er ist Experte auf dem Gebiet der Medizin oder Mikrobiologie und benötigt den Computer als zuverlässiges Werkzeug.

Der nötige Aufwand, um Freie Software selbst aus dem Internet zu holen, sie eventuell aus dem Quellcode zu compilieren, nachdem er die Installationsanweisungen gelesen und verstanden hat, und schließlich die Installation der compilierten Software auf dem eigenen Computer ist schlicht inakzeptabel, weil der Nutzer keine Qualifikation für derlei Aufgaben hat. Er benötigt einfach ein fertig benutzbares System, mit dem er seine eigentliche Arbeit optimal erfüllen kann.

Weiterhin hat der typische Nutzer von Debian-Med kein Interesse an der Administration des Betriebssystems, wie an der Einrichtung spezifische Nutzergruppen für spezielle Aufgabenfelder oder um die Software auf dem System auf dem aktuellen Stand zu halten.

Für den medizinischen Bereich ist nur eine begrenzte Untermenge der verfügbaren Freien Software von Interesse. Beispielsweise werden Mediziner nur in äußerst seltenen Fällen selbst Software entwickeln und benötigen daher in der Regel keine Entwicklungsumgebung. Wenn jedoch Dienste (z.B. Web-Server) für ein Endanwenderprogramm nötig sind, so sollten diese zuverlässig funktionieren, ohne dem Endanwender Aufmerksamkeit abzufordern.

Eine äußerst wichtige Anforderung ist die leichte Bedienbarkeit der Software. Gerade in der Medizin ist Zeit wertvoll wenn nicht sogar entscheidend für Menschenleben. Daher sind durch Bedienprobleme verursachte Verzögerungen unakzeptabel. (Dabei kann schlechte Bedienerführung sogar zur Gefährdung von Patienten führen, wie das Therac-25 - Beispiel zeigt.)

Sicherheit und Vertraulichkeit von Daten sind ein absolutes Muß im Gesundheitswesen. Weder der Verlust von Daten noch die Einsichtnahme durch Dritte sind akzeptabel. Das gilt ebenso für alle zukünftigen Aktualisierungen der Software.

Nutzer, die Englisch nicht als Muttersprache erlernt haben, sind im Englischen oft nicht sicher genug und benötigen daher Dokumentation und Nutzerführung in Ihrer Muttersprache. Dieses ist ein wichtiger Punkt um freie medizinische Software auf der ganzen Welt zu verbreiten.

Status Freier Software in der Medizin

Da die Mikrobiologie in vielen Bereichen der Medizin eine wesentliche Rolle spielt, unterstützt Debian-Med auch diese Gruppe von Programmen. Hierbei fällt besonders auf, daß vielen dieser Programme eine graphische Benutzeroberfläche fehlt. Darum werden diese Programme, die oft von sehr hoher Qualität sind, von vielen Mikrobiologen nicht benutzt. Derzeit gibt es Projekte, in denen die kommandozeilenorientierten Werkzeuge unter einer graphischen Benutzeroberfläche vereinigt werden. Die momentan in Entwicklung befindliche Praxisverwaltungssoftware besitzt normalerwiese graphische Oberflächen. Doch diesen fehlt oft die eine oder andere ergonomische Eigenschaft, beispielsweise eine intuitive Bedienung, die auch ohne Maus möglich sein sollte.

Verschiedene existierende Programme, die für medizinische Aufgaben geeignet wären sind nicht wirklich frei im Sinne der Debian Richtlinien für Freie Software (DFSG). Programme, die nicht kompatibel mit den DFSG sind, dürfen nicht in die Debian GNU/Linux Distribution einbezogen werden. Wahrscheinlich sind solche Lizenzen nachteilig für die betroffene Software, denn sie profitiert nicht von der weiten Verbreitung von Debian über die ganze Welt.

Mikrobiologische Programme werden oft an Universitäten von Studenten oder Doktoranden entwickelt. Wenn diese die Universität verlassen, kann es vorkommen, daß die von ihnen entwickelte Software verwaist, das heißt, nicht mehr aktiv gepflegt wird. Falls die Lizenz der Software restriktiv gehalten ist, kann es anderen verboten sein, daran weiterzuarbeiten. Hält sich der Autor jedoch an die DFSG, so kann dieses Problem vermieden werden.

Im Gesundheitswesen kommt oft auch nicht-Intel-basierte Hardware zum Einsatz. Debian unterstützt zur Zeit 11 verschiedene Hardware Architekturen und neue Debian-Software-Pakete werden automatisch auf allen Architekturen übersetzt. Wenn bei diesem Übersetzungsprozess Probleme auftreten, wird der verantwortliche Entwickler informiert. Normalerweise kann dieser das Problem beheben und leitet die notwendige Änderung an die Autoren der Software weiter. Darüber hinaus können Nutzer Probleme bei der Laufzeit an das Debian Bug Tracking System weiterleiten.

Es gibt ältere Programme, die isoliert entwickelt wurden und eigene Datenformate verwenden. Es ist jedoch oft wichtig, Daten auch mit anderen Programmen weiterzuverarbeiten. Das gilt sowohl für den zuverlässigen Austausch von Patientendaten als auch für die mikrobiologische und klinische Forschung.

Oft gibt es mehrere Programme, die gleiche oder ähnliche Aufgabenbereiche abdecken. Weiter unten wird das am Beispiel von Patientenverwaltungsprogrammen im Detail erörtert. Normalerweise beinhalten alle diese Programme sehr interessante Ansätze, haben aber auch alle gewisse Nachteile. Hier wäre eine Bündelung der Kräfte der Programmierer sinnvoll.

Hin und wieder sind die für freie medizinische Software eingesetzten Programmierwerkzeuge oder Backends für die beabsichtigte Endanwendung nicht geeignet. Beispielsweise werden manchmal Datenbank Server benutzt, die keine Transaktionen beherrschen, um Patientendaten zu speichern, was schlicht unakzeptabel ist. Andere Programme benutzen Web-Browser als Frontend, was einer wirklich schnellen Bedienung (insbesondere auch ohne Maus) widerspricht.

Ein großes Problem ist, daß komplexe Softwarepakete für den Endnutzer nur schwer zu installieren sind. Dieses Problem ist jedoch leicht durch die Verteilung per Debian-Paketen lösen - genau das, was bei der Integration in Debian getan wird.

Beispiele für Praxisverwaltungsprogramme

Table of Contents
GnuMed
Torch (früher FreePM)
Res Medicinae
Tk Family Practice
OIO -- Open Infrastructure for Outcomes
Weitere Praxismanagementsysteme
Wozu braucht die Welt diese Vielzahl freier Programme nur um Patientendaten zu verwalten?

GnuMed

Das Ziel von GnuMed ist ein umfassendes und robustes Open Source Softwarepaket für die papierlose medizinische Praxis zu entwickeln. Es wurde als professionelles Client-Server-System konzipiert. GnuMed besteht aus verschiedenen Modulen, die es sehr flexibel und adaptierbar an viele Anwendungszwecke machen. Diese Flexibilität ermöglicht die Nutzung für Ärzte in vielen Ländern mit unterschiedlichen Gesundheitssystemen.

GnuMed verwendet PostgreSQL als Datenbank. PostgreSQL ist ein äußerst solider, professioneller Datenbankserver und damit eine geeignete Software für diese Art von Anwendung. Derzeit sind die modularen Nutzerschnittstellen in Python geschrieben doch prinzipiel sind auch Web-Frontends denkbar.

Die Datensicherheit hat bei GnuMed höchste Priorität. Der zusätzliche Service, der durch GNotary bereitgestellt wird, hilft Ärzten beim Nachweis der Integrität ihrer Daten.

Leider ist GnuMed noch nicht reif für den produktiven Einsatz. Das Projekt ist äußerst vielversprechend und entwickelt sich sehr dynamisch in Richtung einer Beta-Version zum Testen. Es gibt bereits inoffizielle Debian-Pakete.

Torch (früher FreePM)

Torch Torch (früher FreePM) ist ein durch Formulare gesteuertes System, das unter Benutzung einer flexiblen Open Source Software Ärzten eine einfach zu benutzende und leicht anpaßbare Lösung zur Patientendatenverwaltung bietet. Das System besteht aus einer Reihe von Formularen, mit denen die Bestandteile der Patientendaten erstellt werden können. Diese Formulare können durch den Arzt auf die Erfordernisse seiner Arbeitsumgebung zugeschnitten werden. Torch bietet über eine Webservices-Plattform professionelle Dienstleistung, so daß das gesamte System durch mehr als eine Firma betreut wird obwohl das gesamte System Open Source ist. Torch ist ein Open Source Anwendung für die ärztliche Büroverwaltung und medizinische Datenverarbeitung. Es basiert auf dem Web-Applikationsserver Zope. Zope besitzt eine eigene transaktionsfähige objektorientierte Datenbank, die die Autoren einer relationalen Datenbank vorziehen. Torch ist das einzige bekannte Projekt, das keine SQL basierte relationale Datenbank benutzt. Torch ist nur über Web-Clients zu bedienen, was einer schnellen Bedienung ohne Maus widerspricht.

Es existieren bereits arbeitende Implementationen von Torch. Die Autoren würden eine Integration von Torch in Debian-Med begrüßen.

Res Medicinae

Res Medicinae soll eine umfassende Software Lösung für den Bereich der Medizin werden, welche intuitivie und einfache Bedienung mit den Vorteilen des CYBOP Frameworks kombiniert. Es verwendet neueste Technologie und hält sich an international anerkannte Standards für medizinische Software, wodurch es offen für andere medizinische Systeme ist. Es ist ein weiteres vielversprechendes Projekt für ein komplexes Praxismanagementsystem. Es hat ein modulares objektorientiertes Design und zeigt bereits einige interessante Funktionen.

Res Medicinae ist der Versuch, überzogene Preise im Umfeld medizinischer Informationssysteme zu überwinden und Anwendern ein freies, stabiles, sicheres, plattform-unabhängiges, umfangreiches System zur Verfügung zu stellen.

Res Medicinae ist und wird frei in jeder Beziehung sein. Seine Mitarbeiter kommunizieren über Mailing Listen und sind angespornt durch die Idee, ihr Wissen mit jenen Menschen auf der "ärmeren Seite der Welt" zu teilen.

Hinsichtlich der Verteilung durch Debian kann es Probleme geben, da Res Medicinae auf Java basiert, denn Java Anwendungen verlassen sich oft auf Funktionen nicht-freier virtueller Java Maschinen. Im besonderen scheint Res Medicinae das nicht-freie Swing Toolkit zu benutzen.

Während das Projekt durchaus vielversprechend ist, ist es noch sehr weit von der praktischen Einsatzfähigkeit entfernt.

Tk Family Practice

Tk Family Practice Ein medizinisches Informationssystem für die allgemeinmedizinische Praxis zum Speichern von klinischen Patientendaten. Es verwendet Tcl/Tk als Programmierumgebung. Diese Technik ist zwar portabel jedoch nicht üblich in größeren Projekten, an denen viele Programmierer beteiligt sind.

Ursprünglich wurde eine eigenenentwickelte XML Datenbank benutzt, inzwischen zusätzlich eine komplette aber veraltete PostgreSQL "eingebaut", was als sehr fragwürdig hinsichtlich der Wartung der Datenbank erscheint. Weiterhin wurde auch ein Web Frontend zusätzlich zum Tk-Interface hinzugefügt.

Ein Problem dieses Systems ist die sehr unaufgeräumte Bedienoberfläche, die äußerst verwirrend auf den Nutzer wirkt und den oben genannten Kriterien für ergonomische Nutzung widerspricht. Darüber hinaus sind verschiedene Hürden vor den Download das Programms gesetzt: Die offizielle Website enthält am Anfang eine Menge private Information. Eine Lizenz für die Software ist hier nicht zu finden und erst nach Ausfüllen eines Formulars gelangt man zur Download-Seite bei Sourceforge. Das 75MByte große Download Archiv enthält sowohl Quellen als auch compilierte Binaries von mehr als zehn anderen freien Software-Projekten, kurz hinsichtlich Sicherheit, Wartung und Pflege ist dieses Projekt für den produktiven Einsatz nicht akzeptabel. Wenn die Software in diesem Zustand ausgeliefert wird, scheint eine Bereitstellung für Debian nahezu unmöglich. Andererseits wird das System bereits produktiv genutzt, z.B. in der Praxis des Autors.

OIO -- Open Infrastructure for Outcomes

OIO ist eine verteilte und freie Infrastruktur, die die Sammlung, Beurteilung, Analysewerkzeuge, Datenverwaltung, Ausbildung, Qualitätssicherung und Berichterstellung. Die Freie Software Lösung soll helfen, die Kosten medizinischer Gutachten zu reduzieren.

Es wurde eine alternative Methode gefunden Patienten- und Forschungsdaten zu verwalten. Es werden keine Datenformat explizit definiert. Neben vorbestehenden Formaten kann sich jeder Anwender eigene neu definieren und gegebenenfalls angeben, wie diese mit den bestehenden Formaten verknüpft bzw. in diese überführbar sind.

OIO benutzt PostgreSQL als Datenbank Server, was für diesen Zweck eine geeignete Wahl darstellt. Auf die Datenbank wird mit Hilfe des Web Application Servers Zope zugegriffen und eine Web-Oberfläche erzeugt. Der Zugriff per Web-Client ist wie oben beschrieben eine interessante Funktion, widerspricht aber einem schnellen Zugriff ohne Maus.

Weitere Praxismanagementsysteme

FreeMed
FreeMed ist ein in PHP entwickeltes Praxisverwaltungssystem mit einem MySQL Datenbank Backend. MySQL beherrscht -- zumindest in der Version, die in FreeMed Verwendung findet -- keine Transaktionen und ist daher für die sichere Patientenverwaltung ungeeignet. Die Entwicklung von FreeMed war längere Zeit eingeschlafen, doch wurde das Projekt kürzlich wieder aktiv. Es gibt nur ein Web-Frontend mit den oben diskutierten Nachteilen. Andererseits wäre es ein geeignetes Frontend, um beispielsweise als zusätzliches Interface zur GnuMed Datenbank zu dienen, deren flexibles und solides Design zu diesem Zweck geeignet erscheint.
SQL Clinic
SQL Clinic ist eine vollständige Anwendung zur Verwaltung klinischer und administrativer Daten. Obwohl es auf die Bedürfnisse psychiatrischer Kliniken zugeschnitten ist, ist die Software durchaus in der Lage ein ganzes Krankenhaus oder Privatärzte, die in der Verhaltensmedizin tätig sind. Kostenlose technische Hilfe bietet eine Mailing-Liste. Es können auch Dienstleistungsverträge mit dem Saint Vincent Catholic Medical Centers of New York geschlossen werden. Es benutzt eine PostgreSQL Datenbank auf die ein mit Perl erstelltes Web-Interface zugreift. Es ist bereits im produktiven Einsatz für diesen speziellen Zweck, doch wie leicht bzw. sinnvoll eine Verallgemeinerung ist, wäre zu prüfen.
... und andere ...
Es könnte noch eine Reihe weiterer Programme zum selben Zweck geben.

Wozu braucht die Welt diese Vielzahl freier Programme nur um Patientendaten zu verwalten?

Es mutet eigenartig an, daß so viele freie Programme zur Verwaltung von Patientendaten mit mehr oder weniger den selben Zielen existieren. Während es durchaus sinnvoll erscheint, zwischen der Verwaltung einer einzelnen Praxis eines Allgemeinmediziners und der Verwaltung einer Klinik zu unterscheiden, so scheint es eher fragwürdig, für beide Zwecke jeweils mehrere Freie Softwarelösungen zu erstellen, die exakt dasselbe Ziel verfolgen.

Es gibt jedoch auch Gründe für diese Vielfalt:

Zunächst sind liegen hier historische Tatsachen vor. Jemand stellte fest, daß sein proprietäres Programm nicht seinen Ansprüchen genügte und startete ein Freies Softwareprojekt, um seine speziellen Probleme zu lösen. Dabei wurden die den Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechenden Werkzeuge benutzt. Leider gab es nahezu keine Kommunikation zwischen den einzelnen Entwicklern.

Weiterhin fand die Startphase der einzelnen Projekte mehr oder weniger im Stillen statt. So erfuhren die Entwickler nichts voneinander.

In der Folge wurden unterschiedliche technologische Entscheidungen getroffen und die Projekte weisen sehr verschiedene Designs auf, so daß es momentan relativ kompliziert ist, die unterschiedlichen Projekte in ihrem derzeitigen Zustand zu vereinigen.

Was ist Debian-Med?

Table of Contents
Was ist Debian?
Was ist Debian? (nächster Versuch)
Unterschiede zu anderen Distributionen
Debian-Med?
Geschichte von Debian-Med

Was ist Debian?

  • Linux ist nur der Kern des Betriebssystems.
  • Benötigt werden darüber hinaus eine große Zahl von Anwendungen.
  • Solche Sammlungen von Software um den Linux-Kern wird als Distribution bezeichnet.
  • Firmen, die solche Distributionen zusammenstellen werden Distributor genannt.
  • Sie erwirtschaften Geld durch den Verkauf dieser Distribution, durch Nutzerunterstützung und -schulung.
  • Beispiele für solche Distributoren sind Mandrake, RedHat, Suse und andere.
  • Debianist einer dieser Distributoren.
Oder besser, dieses ist eine häufig anzutreffende Ansicht von Menschen, die Debian nicht wirklich kennen. Doch in Wirklichkeit ist Debian eine andere Art von Distribution ...

Was ist Debian? (nächster Versuch)

Das Debian Project ist ist eine Gemeinschaft von Individuen die in Gemeinschaftsarbeit ein freies Betriebssystem entwickeln. Dieses Betriebssystem, das wir entwickelt haben, wird Debian GNU/Linux oder einfach nur Debian genannt. Weiterhin wird daran gearbeitet, Debian mit anderen Kernen anzubieten, hauptsächlich für Hurd. Andere mögliche Kerne sind NetBSD und FreeBSD, ja sogar auch Portierungen für MS Windows werden diskutiert.

Diese Entwickler genannten selbständigen Freiwilligen sind durch das sogenannte Netzwerk des Vertrauens verbunden. Dieses wird durch gegenseitiges Signieren der GPG-keys aufgebaut.

Unterschiede zu anderen Distributionen

  • Debian ist keine Firma sondern eine Organisation.
  • Debian verkauft nichts.
  • Debian Mitglieder (sogenannte Entwickler) sind Freiwillige.
  • Die Entwickler arbeiten an dem gemeinsamen Ziel: Das bestmögliche Betriebssystem herzustellen.
  • Debian ist die größte Sammlung sofort installierbarer Freier Software im Internet
  • Zwei Möglichkeiten Debian GNU/Linux zu beziehen:
    1. Vertrieb durch andere Distributoren auf CD
    2. Kostenlose Installation direkt aus dem Web
  • Der letzte Weg ist der übliche und es gibt äußerst praktische Programme, die das sehr flexibel unterstützen.

Debian-Med?

Debian-Med ist ein sogenanntes Debian Internes Project. Diese internen Projekte widmen sich den Anforderungen von speziellen Nutzergruppen. Beim Debian-Med Projekt sind diese Nutzer Beschäftigte im Gesundheitswesen.

Zu beachten ist, daß Debian-Med vollständig in Debian integriert ist. Es ist keine gesonderte Distribution. Wenn man eine Kopie der Debian GNU/Linux Distribution besitzt, so hat man gleichzeitig auch das gesamte Debian-Med.

Debian-Med kümmert sich um die Medizin betreffende Programmpakete, die bereits in Debian integriert sind. Beispielsweise heißt das zu prüfen, ob die Pakete sauber in das Menü-System integriert sind und ob wesentliche Dokumentation sowie eventuell Übersetzungen der wichtiger Teile verfügbar sind.

Weiterhin erstellt Debian-Med Pakete medizinischer Software, die im Moment noch in Debian verfügbar ist und stellt sicher, daß diese Pakete optimal mit den anderen Komponenten von Debian zusammenarbeiten.

Die Nutzer im Bereich der Medizin müssen sich vor allem um ihre eigentliche Arbeit kümmern. Der Computer soll bei dieser Arbeit ein Hilfsmittel sein, ohne die Aufmerksamkeit des Nutzers von der eigentlichen Arbeit abzulenken. Darum dürfen die Nutzer nicht mit Menüeinträgen, die sie nicht benötigen, überflutet werden, sollen bei der täglichen Arbeit von Konfigurationsaufgaben befreit werden, die auch vom Distributor schon vorgenommen werden können etc. In diesem Sinne will Debian-Med eine allgemeine Infrastruktur für Nutzer aus dem Bereich der Medizin zur Verfügung stellen.

Geschichte von Debian-Med

Das Libre Software Meeting in Bordeaux ist eine hervorragende Gelegenheit für Entwickler Freier Software aus aller Welt, sich über verschiedene Themen auszutauschen. Es gibt eine Vielzahl von Themen zu Nutzer-orientierten Fragestellungen. Im Jahr 2001 stellten die Entwickler im Themenbereich Freie Software in der Medizin fest, daß die vorhandene Freie medizinische Software für den Nutzer nur äußerst schwer zu installieren ist.

Das führte dazu, daß einige der Anwesenden begannen, die Installationsanleitung von Software zu übersetzen, um das Problem zu lösen. Doch dieses ist keine wirkliche Lösung, denn es ist nahezu unmöglich, Übersetzungen für verschiedene Sprachen immer auf dem aktuellen Stand zu halten.

Während des gemütlichen Treffens am Abend tranken die an der Konferenz teilnehmenden Debian-Entwickler zunächst etwas Bordeaux ... Plötzlich sprach jemand die alarmierenden Worte:

Da ist ein Laptop offen!

So begann die Diskussion über das Problem der medizinischen Software und ein Vortrag darüber, wie das Problem mit Hilfe der Technologie von Debian gelöst werden könnte, wurde für den nächsten Tag vorbereitet. So wurde die Idee von Debian-Med geboren.

Der offizielle Start des Debian-Med Projekts war im Januar 2002.

Ziele im Detail

Table of Contents
Integration
Debian Qualitäts-Standards sichern
Unterstützung von Entwicklern
Aufzeigen der Vorteile Freier Software für Programmierer
Forderung nach soliden Installationsmechanismen
Dokumentationen und Übersetzungen
Schema

Integration

Weiter oben wurden verschiedene Beispiele für Programme vorgestellt, die mehr oder weniger den gleichen Zweck erfüllen wollen. Ein weiteres Beispiel sind zwei Systeme zum Verwalten einer Zahnarztpraxis:

OdontoLinux
ist ein in PHP4 geschriebenes Programm zur Verwaltung von Zahnarztpraxen. Als Datenbank dient PostgreSQL. Wie bei den anderen Web-orientierten Systemen gilt auch hier: Ein Web-Client erfüllt nicht die Anforderungen an schnelle und einfache Bedienung. Andererseits ist ein zusätzlicher Web-Client in jedem Fall eine Bereicherung für einen nativen Client. Jedenfalls ist OdontoLinux das erste in Debian integrierte Praxisverwaltungsprogramm, da der Entwickler des Programms selbst Debian-Entwickler ist.
LinuDent
ist ein weiteres Zahnarztpraxisverwaltungsprogramm. Es ist in Tcl/Tk geschrieben und hat große Teile des Codes von Tk Family Practice (siehe oben) übernommen. Während es bei Freier Software durch aus üblich und gewollt ist, Code auszutauschen, scheint es in diesem Fall jedoch recht mühsam zu sein, da TkFamily Practice kein modulares Design aufweist, das dieses Vorgehen unterstützt. Darüber hinaus scheint die Entwicklung von LinuDent im Moment eingeschlafen zu sein.
Ein Ziel von Debian-Med ist es, wenn möglich mit den Autoren Kontakt aufzunehmen und mit ihnen zu diskutieren, ob es eine Vereinigung ihrer Projekte sinnvoll und möglich ist. Damit könnte ein System geschaffen werden, daß alle Bedürfnisse besser erfüllt, anstatt mit viel Aufwand mehrere konkurrierende Systeme zu entwickeln. Dabei kann auch Konkurrenz im Open Source Bereich durchaus fruchtbar sein und große Projekte wie Gnome und KDE profitieren durchaus durch gegenseitige Befruchtung. Der Unterschied zwischen Speziallösungen wie Praxisverwaltungssoftware und großen Desktop-Projekten ist die um Größenordnungen größere Entwickler und Nutzerbasis, die die Entwicklung auf eine qualitativ andere Stufe stellt. Daher gelten für Speziallösungen hier nicht die gleichen Regeln. In diesem Sinne könnte es sogar durchaus sinnvoll sein, eine Zahnarztsoftware auf der Basis von GnuMed zu entwickeln. Das flexible und modulare Design von GnuMed legt dieses Vorgehen im Prinzip nahe und dürfte über kurz oder lang die sinnvollste Lösung sein.

Ein Teilerfolg für Debian-Med ist, daß die Autoren beider Projekte inzwischen in Kontakt miteinander stehen.

An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Debian-Med nicht die Absicht hat, die entstandene Vielfalt zu unterdrücken. Es ist jedoch so, daß die Zeit der Debian Entwickler begrenzt ist und das Hauptaugenmerk zunächst auf denjenigen DFSG-kompatiblen Projekten liegt, die den eingangs genannten Kriterien am ehesten nahe kommen. Das ist der Grund, warum versucht wird, die Entwickler freier Software auf die Möglichkeit der Kooperation hinzuweisen und sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, von der alle Beteiligten profitieren würden. Darüber hinaus werden natürlich jederzeit diejenigen Entwickler unterstützt, die selbst Debian Pakete ihrer medizinischen Software erstellen, wenn ein offizieller Debian-Entwickler keine Zeit für diese Arbeit findet. Wie das genau funktioniert ist auf den Debian Webseiten unter dem Begriff "Sponsor" erklärt.

Debian Qualitäts-Standards sichern

Es gibt bereits eine Menge Programme aus dem Bereich Mikrobiologie, die in Debian zur Verfügung stehen. Diese Programme dienen beispielsweise der Analyse von DNA- und Proteinsequenzen oder der Rekonstruktion phylogenetischer Bäume. Die Metapakete med-bio und med-bio-contrib hängen von diesen Paketen mit mikrobiologischer Software ab.

Bei genauerer Betrachtung der gepackten Programme wird offensichtlich, daß sich diese Programme in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. In manchen Fällen ist die Entwicklung einfach eingefroren, manche sind schlicht schlecht programmiert, so daß das Compilieren auf anderen Architekturen Probleme bereitet und andere haben keine einfach zu nutzende grafische Benutzeroberfläche.

Der Grund für eingeschlafene Entwicklung ist oft, daß viele dieser Programme von graduierten Studenten an Universitäten entwickelt werden. Wenn diese die Universität verlassen, so kümmert sich oft niemand um die Weiterentwicklung ihrer Arbeit. Hinzu kommt, daß diese Programme oft durch unübliche Lizenzen eine weitere Entwicklung verhindern. Manchmal gibt die Universität die Lizenz vor oder die Programmierer kümmern sich schlicht nicht um eine Lizenz, weil sie sie nicht für wichtig halten. Leider ist eine Software ohne Lizenz nach der DFSG nicht-frei und wenn der Programmierer nicht mehr erreichbar ist, kann eine Lizenz auch nachträglich nicht mehr erbeten werden.

Ein Beispiel für eine DFSG-inkompatible Lizenz ist zum Beispiel die des Programms phylip: Die Motivation des Autors ist durchaus verständlich, doch für Debian ist es unmöglich, dieses Programm auf eine offizielle Distributions-CD aufzunehmen. Normalerweise verkaufen Händler die gesamte Debian GNU/Linux Distribution für einen Betrag, der nur geringfügig über den Produktionskosten liegt. In diesem Fall ist es einfach unmöglich, den oben genannten Lizenzbedingungen zu genügen. Diese Tatsache ist auch nachteilig für die betroffene Software, da sie so nicht auf einfache Weise als Teil von Debian vertrieben werden kann und somit nicht den Verbreitungsgrad und die Nutzerbasis finden kann, die für die Entwicklung freier Software wesentlich ist.

Neben den problematischen Lizenzen gibt es einige andere Probleme mit der Software auf dem Gebiet der Biologie.

  • Das es einige Programme mit inkompatiblen Datenformaten gibt, sollen möglichst Werkzeuge zum Konvertieren der Formate bereitgestellt werden.
  • Debian GNU/Linux steht für 11 Hardware-Architekturen zur Verfügung. Spezielle Server bauen automatisch alle notwendigen Pakete. Wenn dieser automatische Übersetzungs-Prozeß fehlschlägt muß sich der Betreuer des Pakets um das Problem kümmern und den Autoren der Software möglichst eine Berichtigung des Fehlers schicken. Debian hat auch ein Fehlerverfolgungssystem (Bug Tracking System, kurz BTS), das es den Nutzern erlaubt, Fehler zu berichten, die der Paket-Betreuer nicht erkennen kann (weil er z.B. nicht über die betreffende Hardware verfügt).
  • Es gibt viele Programme mit unterschiedlicher Nutzerschnittstelle. Debian verlangt zumindest ein Manual, die ein Minimum an Information für den Nutzer bietet. Darüber hinaus bietet Debian-Med einen Menüeintrag. Falls ein Programm keine interaktive Nutzerschnittstelle sondern nur per Kommandozeilenaufruf bedient wird, so präsentiert der Menüeintrag relevante Informationen, wie das Programm zu bedienen ist.

Unterstützung von Entwicklern

Es gibt einige Anwendungsbereiche im Gesundheitswesens, in denen Freie Software Lösungen vollständig fehlen. Das sind zum Beispiel:

Medikamentendatenbank
Kürzlich wurde ein freies Projekt zur Datensammlung begonnen.
Pharmazie
Es gab Anfragen zu einer Pharmazie-Software, die bisher negativ beantwortet werden mußten.
Physiotherapie
Hier ist die Situation ähnlich wie bei Pharmazie-Software.
Veterinärmedizinische Praxis
Es gab ein freies Programm für die veterinärmedizinische Praxis, daß jetzt jedoch als proprietäre Software weiterentwickelt wird. Die letzte GPL-Version ist archiviert, wird aber offensichtlich nicht weiter gepflegt.
Debian-Med entwickelt selbst keine Software doch Entwickler, die versuchen die oben genannten offenen Probleme anzugehen, werden nach besten Kräften unterstützt.

Aufzeigen der Vorteile Freier Software für Programmierer

In manchen Bereichen des Gesundheitswesens wie der medizinischen Bildverarbeitung oder der Steuerung medizinischer Geräte treten spezielle Probleme mit proprietärer Software auf, z.B. patentierte Algorithmen und medizinische Geräte ohne Dokumentation für Programmierer.

Verschiedene proprietäre Bildformate von medizinischen Geräten verhindern die Entwicklung von Alternativen freien Programmen. Lizenz- und Patentprobleme bilden eine weitere Hürde.

Es gibt Fälle, in denen Anwender versuchten selbst freie Programme zu entwickeln, um ihre medizinischen Geräte zu Steuern, weil sie der mitgelieferten proprietären Software die mit dem Gerät geliefert wurde nicht vertrauten. Auf diese Weise entstand ein freier Ersatz für die proprietären Software, die z.B. Nachteile bezüglich Sicherheit oder Bedienung aufwies.

Debian-Med versucht diese Bemühungen zu unterstützen und auch den Softwarefirmen auseinanderzusetzen, daß Freie Software hier durchaus vorteilhaft sein kann.

Forderung nach soliden Installationsmechanismen

Hin und wieder ist das Erstellen von Debian-Paketen von medizinischer Software eine komplexe Aufgabe. Es existieren einige äußerst mächtige Anwendungen wie beispielsweise DHCP/VISTA. Dieses Programmpaket benötigt eine derart komplizierte Installationsprozedur, daß nur Spezialisten in der Lage sind, eine Produktionssystem aufzusetzen. Im allgemeinen wird auch Debian-Med es nicht erreichen, daß die Installation kinderleicht wird. Jedoch wäre eine Vereinfachung der Installation auch für die Dienstleister, die den Service für solche Systeme verkaufen eine willkommene Erleichterung, die ihnen Zeit sparen könnte.

Die Situation für Telepathologie-Systeme ist ähnlich ipath.

Derzeit sind Entwickler bestrebt, Definitionen für medizinische Datensätze zu erstellen, um einen globalen Datenaustausch zu ermöglichen. Es gibt bereits erste Referenzimplementierungen. Beispiele dafür sind GEHR (OpenEHR) und das Datenformat von OIO. Debian-Med ist bestrebt Referenzimplementationen als Pakete zur Verfügung zu stellen, um einen zuverlässigen Datenaustausch zu ermöglichen.

Dokumentationen und Übersetzungen

Gute Dokumentation ist eine Art "traditionelle" Schwäche Freier Software. Der Grund für diese Tatsache ist, daß die Programmierer, die für die Erstellung der Freien Software ihre Freizeit opfern, eine geringe Motivation zum schreiben guter Dokumentation haben, da sie mehr an der eigentlichen Entwicklung interessiert sind. Wirklich gute Dokumentation stellt auch mehr Ansprüche an die Fähigkeit, gute Texte zu schreiben als guten Code zu schreiben. Hier tut sich eine gute Möglichkeit für engagierte Anwender auf, einen Beitrag für freie medizinische Software zu leisten, ohne über hohe technische Fähigkeiten zu verfügen.

Beispiele für Dokumentationen zu Freier Software für die Medizin, die bereits für Debian gepackt ist, sind:

The Medicine HOWTO
ist Teil des Linux Documentation Project (LDP). Es beschreibt die existierende freie medizinische Software und bietet einen guten Überblick über dieses Thema. Sehr wünschenswert wären Übersetzungen dieses Dokuments.
Resmedicinae Analysis Document
ist eine Analyse existierender Programme, die für das Gesundheitswesen nützlich sein könnten. Der interessanteste Teil dieses Dokumentes ist jedoch die detaillierte Spezifikation von Anforderungen, die an Praxisverwaltungssoftware zu stellen sind. Damit wird dieses Dokument zu einer wertvollen Ressource für alle Programmierer solcher Software. Leider existiert nur eine rudimentäre Englische Übersetzung. Es sollte unbedingt vollständig ins Englische übersetzt werden. Weiterhin werden ähnliche Dokumente für andere Bereiche des Gesundheitswesens benötigt.

Schema

Dieses Schema faßt die wesentlichen Elemente des Debian-Med Projektes zusammen: Das Erstellen von Paketen vorhandener Freier Software aus allen Bereichen der Medizin mit dem Anspruch einer optimalen Integration in Debian unter Berücksichtigung der oben genannten Ziele. Das soll alles vollständig innerhalb der Debian GNU/Linux Distribution geschehen.

Warum Debian als Integrationsplattform?

  1. Die Debian GNU/Linux Distribution legt das Hauptaugenmerk auf Sicherheit und Stabilität, was eine selbstverständliche Voraussetzung für medizinische Aufgaben ist.
  2. Die mächtigen Paketverwaltungswerkzeuge erlauben ausgeklügelte Kombinationen aus "hängt ab von" -- "widerspricht" -- "ersetzt" Beziehungen, die es ermöglichen, daß alle Komponenten fehlerfrei Zusammenarbeiten.
  3. Debian hat eine strenge Qualitätskontrolle über alle Pakete. Ein Kernpunkt dieser Qualitätskontrolle ist das Bug Tracking System, welches jedem zur Verfügung steht, um neue Fehler zu berichten oder sich über bekannte Fehler zu informieren.
  4. Debian ist sehr sorgfältig getestet. Jedes Paket hat eine Testphase zu durchlaufen, die sogenannte unstable Distribution. Sollte ein Paket während dieser Phase keine wesentlichen Fehler zeigen, geht es über in die testing Distribution. Diese Distribution ist der Kandidat für die zukünftige stable Distribution, die erst dann freigegeben wird, wenn alle Fehler, die als kritisch eingeschätzt werden, behoben sind. Dieser sorgfältige Testprozeß ist der Grund, warum Debian eine deutlich längere Zeit von einer stabilen Version zur nächsten benötigt, als andere Distributionen. Hinsichtlich der Stabilität ist jedoch genau das ein Vorteil.
  5. Jedes Paket hat strengen Regeln, der sogenannten "Policy" zu genügen. Der Vorteil dieses Regelwerks ist, daß damit garantiert wird, daß die verschiedenen Pakete sauber zusammenarbeiten.
  6. Unterstützung von 11 Hardware Architekturen (Automatische Übersetzer für: alpha, arm, hppa, i386, ia64, m68k, mips, mipsel, powerpc, s390, sparc)
  7. Debian wird von etwa 1000 Freiwilligen entwickelt. Das heißt, daß jeder Debian-Entwickler frei entscheiden kann, welche Programme er betreut. Da die Entwickler hauptberuflich oft mit sehr unterschiedlichen Dingen beschäftigt sind, zeigen sie auch an unterschiedlichen Programmen Interesse, die sie für ihre tägliche Arbeit benötigen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum Debian so viele verschiedene Spezialgebiete mit Software abdecken kann -- Debian-Entwickler wollen einfach ihre eigenen speziellen Probleme lösen. Diese Breite an Anwendungsgebieten ist ein Unterschied zu kommerziellen Linux-Distributionen, die aus wirtschaftlichen Gründen nur Hauptanwendungsgebiete abdecken können.
  8. Darüber hinaus brauchen sich Debian-Entwickler nicht um die Meinung eines Vorgesetzten zu kümmern. Jeder von ihnen hat die gleiche Möglichkeit auf die Entwicklung einfluß zu nehmen -- er muß es einfach nur in Angriff nehmen wenn er die Realisierung einer bestimmten Eigenschaft wünscht.

Wie funktioniert Debian-Med?

Table of Contents
Meta-Pakete
Angepaßte Konfiguration innerhalb von Meta-Paketen
Dokumentations-Pakete
Rolle: Debian-Med Nutzer
Was ist Debian-Med nicht?

Meta-Pakete

Meta-Pakete sind Debian-Pakete, die praktisch nichts weiter enthalten als Abhängigkeiten von anderen Debian-Paketen. Auf diese Weise erfordert die Installation eines Meta-Pakets, das von einer Sammlung von medizinischer Software für ein konkretes Aufgabengebiet abhängt, daß all diese Software auf dem Zielcomputer installiert ist. Diese Abhängigkeiten werden durch das Debian-Paketsystem aufgelöst und damit zieht die Installation eines Meta-Pakets die Installation aller Abhängigkeiten nach sich.

Für den Anwender heißt das, daß sich eine Recherche nach verfügbarer Software für sein Spezialgebiet erübrigt. Er muß lediglich das entsprechende Meta-Paket installieren und alles übrige wird vom Paketverwaltungssystem erledigt. Auf diese Weise ist der Anwender nicht gezwungen, die vollständige Paketliste (von mehr als 10000 Paketen) nach den Anwendungen zu durchsuchen, die er für seine tägliche Arbeit wirklich benötigt. Die gesamte Paketliste wäre ansonsten für den normalen Nutzer bestenfalls abschreckend.

Die einfache Technik, alle Debian-Pakete, die zu einem speziellen Aufgabenbereich gehören, in einem Schritt zu installieren, ermöglicht einen einfachen Vergleich zwischen Programmen, mit denen mehr oder weniger die selbe Aufgabe gelöst werden kann. Das erlaubt dem Anwender leicht herauszufinden, welches Programm am besten für ihn geeignet ist.

Meta-Pakete haben einen weiteren Vorteil: Sie sichern das System gegen versehentliches Löschen von Paketen, die für eine bestimmte Aufgabe notwendig sind.

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Festlegung von Konflikten zu inkompatiblen Paketen. So erscheint es sinnvoll, nur genau ein Praxismanagementsystem in einer Praxis zu verwenden, um nicht die Patientendatenbanken zu verwechseln und so Daten zu verlieren. Folglich ist zu sichern, daß nur ein solches System installiert ist.

Meta-Pakete sind also eine nützliche Technik für eine einfache Installation eines zuverlässigen spezialisierten System bei minimalem Aufwand für die Administration. Die Technik der Meta-Pakete und wie sie optimal genutzt werden ist detailliert in einem Vortrag über Debian Interne Projekte von Andreas Tille beschrieben.

Angepaßte Konfiguration innerhalb von Meta-Paketen

Meta-Pakete können speziell angepaßte Konfigurationen für bestimmte Pakete enthalten, um diese für ein optimales Arbeiten für den beabsichtigten Zweck einzurichten. Auf diese Weise ist es möglich für spezielle Bedürfnisse von Debian-Med Nutzern Sorge zu tragen.

Dokumentations-Pakete

Es wurde bereits erläutert, daß Dokumentation ein wichtiges Ziel von Debian-Med ist. Daher ist das Erstellen von Paketen, die nur Dokumentation enthalten, sowie das schreiben von Dokumentation ein wichtiger Bestandteil des Debian-Med Projekts.

Hinsichtlich der Übersetzung von Dokumenten könnte es sinnvoll sein, die Technologie des Debian Description Translation Projekts einzusetzen.

Rolle: Debian-Med Nutzer

In der Regel sind deutlich mehr Anwendungen auf einem Computer verfügbar, als die Nutzer üblicherweise für ihre tägliche Arbeit benötigen. Andererseits sollten nicht immer alle Programme für jeden Nutzer leicht zugänglich sein. Aus diesen Feststellungen resultiert die Einführung eines Rollenkonzeptes.

Debian-Med definiert die Gruppe med, die durch den Administrator mit Hilfe von debconf verwaltet werden kann. Bei der Installation des Pakets med-common, von dem alle Debian-Med Pakete abhängen, definiert der Systemadminstrator eine Gruppe von "Medizin-Nutzern". Diesen Nutzern wird ein zusätzliches Menü "Med" präsentiert, das alle medizinischen Anwendungen, die auf dem System installiert sind enthält. Das erleichtert den Nutzern die Konzentration auf das wesentliche -- ihre tägliche Arbeit.

Darüber hinaus können Nutzer der Rolle med zusätzlicher Konfiguration ausgestattet werden, die die verwendeten Anwendungen für eine optimale Funktion vorbereitet.

Andere Nutzer, die nicht die Rolle med inne haben, kommen nicht mit diesem zusätzlichen Menü in Berührung.

Was ist Debian-Med nicht?

Debian-Med entwickelt keine medizinische Software. Eine oft gestellte Frage ist, ob Debian-Med eine Software für bestimmte Probleme entwickeln kann. Das ist ausdrücklich nicht das Ziel des Projektes, da dafür keine Resourcen zur Verfügung stehen. Es wird lediglich für die problemlose Integration der freien medizinischen Software, die durch Dritte entwickelt wird, gesorgt.

Es wird dafür Sorge getragen, daß die für das Gesundheitswesen interessante Software innerhalb von Debian optimal funktioniert und von Dritten erstellte Software sauber integriert wird. Diese Autoren von medizinischer Software sind in der Regel froh, daß ihre Software durch die bekannte Debian GNU/Linux Distribution unterstützt wird, um den Bekanntheitsgrad der Software zu erhöhen und sicher zu gehen, daß sie reibungslos mit anderen Komponenten zusammenarbeitet.

Probleme bei der Realisierung

Table of Contents
Zertifizierung
Änderung gesetzlicher Vorgaben

Zertifizierung

Krankenversicherungen fordern vom Arzt eine korrekte Übertragung von Daten gemäß den Gesetzten des jeweiligen Landes. Falls fehlerhafte Daten übermittelt werden, wird zunächst der Arzt dafür haftbar gemacht. Daher ist eine genaue Abrechnung ein entscheidende ANforderung an ein Praxismanagementsystem. Nur Software, die hinsichtlich dieses Kriteriums zertifiziert ist, kann am Markt bestehen. Das gilt sowohl für Freie als auch proprietäre Software. Nach Aussage des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziales (BMfGS) ist eine Zertifizierung von Freier Soaftware durch die KBV nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt bereits einen Präzedenzfall für eine technische Lösung dieses Problems: ISDN-Karten dürfen nur mit Zertifizierung durch das Bundesamt für Zulassungen in der Telefonkommunikation (BZT) betrieben werden. Eine Kartenzulassung erfolgt jedoch nur im Verbund mit der mitgelieferten Software, das heißt, die Kernel-internen Treiber müssen auch zertifiziert werden. Technisch ist das derart realisiert, daß der Quellcode durch eine Prüfsumme geschützt wird. Anhand dieser Prüfsumme kann getestet werden, ob der Code unverändert ist und damit mit dem zertifizierten Code übereinstimmt.

Änderung gesetzlicher Vorgaben

In der Praxis kommt es nicht selten vor, daß gesetzliche Vorgaben an Praxisverwaltungsprogramme geändert werden, die eine sehr kurzfristige Anpassung der Software erfordern. Die Ärzte sind zwingend auf eine rechtzeitige Aktualisierung der Software angewiesen. Es bestehen oft Zweifel, ob Freie Software dieser Anforderung genügen kann, denn es besteht in der Regel die Ansicht, daß Freie Software vor allem durch nicht ernst zu nehmende Besessene entwickelt wird, die fern ab vom Tageslicht auf ihrer Tastatur herumhacken. Doch dieses Vorurteil ist so nicht mehr haltbar.

Im echten Betrieb eingesetzte Praxisverwaltungssoftware erfordert definitiv eine kommerziellen Dienstleistung. Die Nutzer müssen die Ansicht korrigieren, daß Freie Software wie Freibier funktioniert, daß man so wie es spendiert wird konsumieren kann. Die Tatsache, daß der Quellcode kostenlos zur Verfügung steht und der Anwender die Möglichkeit hat, diesen frei zu verwenden, impliziert nicht, daß der Entwickler der Software damit auch die Pflicht hat, dem Anwender bei allen seinen Problemen zu helfen. Für diese Hilfe müssen kommerzielle Dienstleister bereitstehen, die für ihre Leistung bezahlt werden müssen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Freie Software in keiner Weise von proprietärer, denn in jedem Fall muß für die Dienstleistung ein erheblicher Betrag bezahlt werden. Bei Freier Software entfallen lediglich die Anschaffungskosten für eine Lizenz.

Darüber hinaus sind Analysten der Ansicht, daß die freie Verfügbarkeit des Quellcodes den Dienstleistern die Arbeit erleichtert, Zukunftssicherheit durch Unabhängigkeit vom Hersteller bietet und daher auf lange Sicht gesehen billiger ist als proprietäre Software. Am Beispiel der Änderung gesetzlicher Vorgaben soll generell klar gemacht werden, daß Freie Software nicht mit einer kostenlosen Nutzung gleichzusetzen ist. Natürlich können in größeren Institutionen wie Krankenhäuser auch Spezialisten eingestellt werden, die einen externen Dienstleister ersetzen, doch auch diese eigenen Spezialisten müssen bezahlt werden.

Die kommerzielle Dienstleistung erfordert das Spezialwissen von Medizin-Informatikern, die sowohl Kenntnisse in der Softwareentwicklung als auch in der Medizin besitzen. Ein Geschäftsmodell auf der Basis von Freier Software läßt sich für diese Spezialisten folgendermaßen skizzieren:

  • Die Software selbst wird kostenlos zur Verfügung gestellt.
  • Einnahmen werden erzielt durch Leistungen wie:
    Beratung
    über sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von Freier Software oder bei der Auswahl aus verschiedenen ähnlichen freien Softwareprojekten, was eine detailierte Kenntnis des Freien Software Marktes voraussetzt. Hier beabsicht Debian-Med einen guten Überblick über vorhandene Lösungen zu verschaffen.
    Installation
    der Software vor Ort. Idealerweise sollten die einzusetzenden Programme alle in Debian enthalten sein und damit die Installation reibungslos von statten gehen.
    Dienstleistung
    in Form von Anpassung der Software an spezielle Bedürfnisse nimmt die Firma eigenständig vor. Es ist jedoch im Interesse des Dienstleisters, wenn diese Anpassungen wieder an die Autoren des Programms weitergeleitet werden, um sie auch in zukünftigen Versionen der Software zur Verfügung zu haben. Hier kann das Bug Tracking System von Debian als technische Instanz zur Übermittlung von Änderungen (Patches) dienen.
    Aktualisierung
    der installierten Software bei Sicherheitsproblemen oder neuen Versionen. Hier liegt eine große Stärke von Debian, denn Aufgaben dieser Art werden technisch äußerst elegant gelöst. Debian-Med ist damit in der Hand eines Dienstleisters eine große Hilfe.

Zukunft

Die ersten Schritte in Form einiger Meta-Pakete, die zur Installation von Software für die Arbeit im Bereich der Medizin nützlich ist, sind getan. Debian-Entwickler aber auch die Entwickler der medizinischen Software selbst wurden ermutigt, noch nicht in Debian enthaltene Projekte für zu integrieren. Es ist damit in naher Zukunft mit mehr Paketen aus dem Bereich der Medizin zu rechnen.

Verschiedene Dokumentationen wurden verfaßt und sind online verfügbar, die Erfordernisse für ein Rollen-basiertes Nutzermenü sind definiert und können in einer derzeit stattfindenen Neuorganisation des Menüsystems von Debian eingearbeitet werden. Schließlich wurden verschiedene Vorträge gehalten, um das Debian-Med Projekt bekannt zu machen, wodurch das allgemeine Interesse merkbar gestiegen ist.

Einerseits ist das Interesse der Entwickler von Freier Software für die Medizin gestiegen. Sie erhoffen sich von Debian-Med eine größere Popularität für ihr Projekt - Debian-Med wiederum lebt von der Arbeit der Entwickler. Hier ist eine Art Symbiose zu verzeichnen. Andererseits wächst auch das Interesse potentieller Nutzer an Debian-Med, die das Projekt teilweise auch mit Zuarbeiten unterstützen wollen. Debian-Med versteht sich hier als Bindeglied zwischen Entwickler und Nutzer.

Die erste Version von Debian-Med wird in der nächsten stabilen Version von Debian, Codename Sarge enthalten sein. Das heißt natürlich nicht, daß Sarge schon eine vollständeige Plattform für alle Anwendungen im medizinischen Bereich enthalten wird. Das Erreichen dieses Ziel ist nicht von Debian sondern von der Entwicklung und Qualität der durch Dritte erstellten Freien Software abhängig. Das Ziel ist jedoch möglichst für jeden Bereich eine Auswahl an Software zum Evaluieren und Testen zur Verfügung zu stellen.

Schließlich wird eine Knoppix-basierte Live-CD erstellt werden, um auf einfache und elegante Weise die Fähigkeiten von Debian-Med zu demonstrieren.