7. Ziele von Debian-Med

7.1. Integration

Durch die Paketierung einer Software und damit die Verteilung dieser Software mit der Debian GNU/Linux Distribution erfährt diese Software eine gewisse Popularität innerhalb der sehr großen weltweiten Debian-Nutzer Community. Auf diese Weise ist es möglich, daß interessierte Anwender und Entwickler die Software ohne großen Aufwand testen und kennenlernen können. Auf diese Weise könnte Debian-Med befruchtend für die Bildung einer Community wirken. Um dieses zu fördern werden auch gezielt Entwickler von Software angesprochen, ob sie gemeinsam an einem vereinten Projekt arbeiten möchten, das dann in Debian verteilt werden kann. Leider ist es nämlich insbesondere bei Software für die Patientenverwaltung so, daß es hier viele kleine mehr oder weniger erfolgreiche Projekte gibt, die vollkommen unterschiedliche Konzepte verfolgen und mit unterschiedlichen Techniken arbeiten. Daher ist Debian-Med bestrebt, eine Zusammenarbeit der Entwickler zu fördern.

Dabei kann auch Konkurrenz im Open Source Bereich durchaus fruchtbar sein und große Projekte wie Gnome und KDE profitieren durchaus durch gegenseitige Befruchtung. Der Unterschied zwischen Speziallösungen wie Praxisverwaltungssoftware und großen Desktop-Projekten ist die um Größenordnungen größere Entwickler und Nutzerbasis, die die Entwicklung auf eine qualitativ andere Stufe stellt. Daher gelten für Speziallösungen hier nicht die gleichen Regeln.

An dieser Stelle sei ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Debian-Med nicht die Absicht hat, die entstandene Vielfalt zu unterdrücken. Es ist jedoch so, daß die Zeit der Debian Entwickler begrenzt ist und das Hauptaugenmerk zunächst auf denjenigen DFSG-kompatiblen Projekten liegt, die von einem Debian-Entwickler nach einer Analyse als so erfolgversprechend eingeschätzt wird, daß er in dieses Projekt seine Freizeit investiert. Das ist der Grund, warum versucht wird, die Entwickler freier Software auf die Möglichkeit der Kooperation hinzuweisen und sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, von der alle Beteiligten profitieren würden. Darüber hinaus werden natürlich jederzeit diejenigen Entwickler unterstützt, die selbst Debian Pakete ihrer medizinischen Software erstellen, wenn ein offizieller Debian-Entwickler keine Zeit für diese Arbeit findet. Wie das genau funktioniert ist auf den Debian Webseiten unter dem Begriff "Sponsor" erklärt.

7.2. Debian Qualitäts-Standards sichern

Durch die Integration in Debian erkennt der Maintainer oft Probleme der Upstream Software (upstream im Debian-Jargon = Software, in der Form, wie sie von den eigentlichen Entwicklern zur Verfügung gestellt wird) z.B. hinsichtlich der Konformität zur Linux Standard Base (LSB) oder der Portierbarkeit auf andere Rechnerarchitekturen. In diesen Fragen kann der Debian Maintainer den Autoren der Software hin und wieder wertvolle Verbesserungshinweise geben.

Es kommt teilweise auch vor, daß die Lizenz eines Projektes nicht im Sinne von Debian frei (DFSG-frei) ist. Ein Beispiel für eine DFSG-inkompatible Lizenz ist zum Beispiel die des Programms phylip:

   version 3.56c. (c) Copyright 1993 by Joseph Felsenstein.
   Written by Joseph Felsenstein, Akiko Fuseki, Sean Lamont, and Andrew Keeffe.
   Permission is granted to copy and use this program provided no fee is
   charged for it and provided that this copyright notice is not removed.
Die Motivation des Autors ist durchaus verständlich, doch für Debian ist es unmöglich, dieses Programm auf eine offizielle Distributions-CD aufzunehmen. Normalerweise verkaufen Händler die gesamte Debian GNU/Linux Distribution für einen Betrag, der nur geringfügig über den Produktionskosten liegt. In diesem Fall ist es einfach unmöglich, den oben genannten Lizenzbedingungen zu genügen. Diese Tatsache ist auch nachteilig für die betroffene Software, da sie so nicht auf einfache Weise als Teil von Debian vertrieben werden kann und somit nicht den Verbreitungsgrad und die Nutzerbasis finden kann, die für die Entwicklung freier Software wesentlich ist.

7.3. Unterstützung von Entwicklern

Es gibt einige Anwendungsbereiche im Gesundheitswesens, in denen Freie Software Lösungen vollständig fehlen. Debian-Med entwickelt selbst keine Software doch Entwickler, die versuchen die oben genannten offenen Probleme anzugehen, werden nach besten Kräften unterstützt, indem Ihre Software mit Debian verteilt wird.

7.4. Aufzeigen der Vorteile Freier Software für Programmierer

In manchen Bereichen des Gesundheitswesens wie der medizinischen Bildverarbeitung oder der Steuerung medizinischer Geräte treten spezielle Probleme mit proprietärer Software auf, z.B. patentierte Algorithmen und medizinische Geräte ohne Dokumentation für Programmierer.

Verschiedene proprietäre Bildformate von medizinischen Geräten verhindern die Entwicklung von Alternativen freien Programmen. Lizenz- und Patentprobleme bilden eine weitere Hürde.

Es gibt Fälle, in denen Anwender versuchten selbst freie Programme zu entwickeln, um ihre medizinischen Geräte zu Steuern, weil sie der mitgelieferten proprietären Software die mit dem Gerät geliefert wurde nicht vertrauten. Auf diese Weise entstand ein freier Ersatz für die proprietären Software, die z.B. Nachteile bezüglich Sicherheit oder Bedienung aufwies.

Debian-Med versucht diese Bemühungen zu unterstützen und auch den Softwarefirmen auseinanderzusetzen, daß Freie Software hier durchaus vorteilhaft sein kann.

7.5. Forderung nach soliden Installationsmechanismen

Hin und wieder ist das Erstellen von Debian-Paketen von medizinischer Software eine komplexe Aufgabe. Es existieren einige äußerst mächtige Anwendungen wie beispielsweise DHCP/VISTA. Dieses Programmpaket benötigt eine derart komplizierte Installationsprozedur, daß nur Spezialisten in der Lage sind, eine Produktionssystem aufzusetzen. Im allgemeinen wird auch Debian-Med es nicht erreichen, daß die Installation kinderleicht wird. Jedoch wäre eine Vereinfachung der Installation auch für die Dienstleister, die den Service für solche Systeme verkaufen eine willkommene Erleichterung, die ihnen Zeit sparen könnte.

7.6. Dokumentationen und Übersetzungen

Gute Dokumentation ist eine Art "traditionelle" Schwäche Freier Software. Der Grund für diese Tatsache ist, daß die Programmierer, die für die Erstellung der Freien Software ihre Freizeit opfern, eine geringe Motivation zum schreiben guter Dokumentation haben, da sie mehr an der eigentlichen Entwicklung interessiert sind. Wirklich gute Dokumentation stellt auch mehr Ansprüche an die Fähigkeit, gute Texte zu schreiben als guten Code zu schreiben. Hier tut sich eine gute Möglichkeit für engagierte Anwender auf, einen Beitrag für freie medizinische Software zu leisten, ohne über hohe technische Fähigkeiten zu verfügen.

Beispiele für Dokumentationen zu Freier Software für die Medizin, die bereits für Debian gepackt ist, sind:

The Medicine HOWTO

ist Teil des Linux Documentation Project (LDP). Es beschreibt die existierende freie medizinische Software und bietet einen guten Überblick über dieses Thema. Sehr wünschenswert wären Übersetzungen dieses Dokuments.

Resmedicinae Analysis Document

ist eine Analyse existierender Programme, die für das Gesundheitswesen nützlich sein könnten. Der interessanteste Teil dieses Dokumentes ist jedoch die detaillierte Spezifikation von Anforderungen, die an Praxisverwaltungssoftware zu stellen sind. Damit wird dieses Dokument zu einer wertvollen Ressource für alle Programmierer solcher Software. Leider existiert nur eine rudimentäre Englische Übersetzung. Es sollte unbedingt vollständig ins Englische übersetzt werden. Weiterhin werden ähnliche Dokumente für andere Bereiche des Gesundheitswesens benötigt.

7.7. Schema

Dieses Schema faßt die wesentlichen Elemente des Debian-Med Projektes zusammen: Das Erstellen von Paketen vorhandener Freier Software aus allen Bereichen der Medizin mit dem Anspruch einer optimalen Integration in Debian unter Berücksichtigung der oben genannten Ziele. Das soll alles vollständig innerhalb der Debian GNU/Linux Distribution geschehen.