3. Community-Bildung

Ein wesentliches Paradigma Freier Softwareentwicklung ist die Tatsache, daß Freie Software sowohl hinsichtlich der Qualität des Codes als auch der Benutzbarkeit (einschließlich einfacher Installation) um so besser ist, je mehr Anwender und damit auch potentielle Entwickler sich für eine spezielle Anwendung interessieren. Die Gemeinschaft der Entwickler und Nutzer wird als Community bezeichnet. Die Bildung einer vitalen Community ist damit eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Freies Softwareprojekt.

3.1. Förderlich

Universitäres Umfeld

Aus gutem Grund existiert sehr viele freie medizinische Software auf dem Gebiet der medizinischen Mikrobiologie und Genetik. Die Entwicklung findet hier sehr oft an Universitäten und Forschungseinrichtungen statt. Die enge Verknüpfung der Fachwissenschaft mit Technikern und Informatikern sowie der Charakter der ergebnisorientierten Forschung, die nicht in erster Linie auf gewinnorientierte Softwareentwicklung ausgerichtet ist, wirkt sich sehr förderlich aus. Der Gedanke einer gemeinsamen Softwareentwicklung zum Vorteil einer Forschungsgemeinschaft in denen die Forschungsergebnisse das primäre Ziel sind erlauben eine fruchtbare Zusammenarbeit bei der Entwicklung der Werkzeuge, die zur Erreichung des Ziels notwendig sind. Vergleichbarkeit von Ergebnissen und die Schaffung von Standardmethoden stellen sich als Triebfeder für Freie Software dar.

Organisierte Förderung

Die wahrscheinlich größte Sammlung von Open Source Software für die Anwendung im stationären Gesundheitswesen stellt DHCP/VISTA (Decentralized Hospital Computer Program) dar. Das Projekt wurde 1982 durch das U.S. Department of Veterans Affairs ins Leben gerufen. Schon im Jahr 1994 unterhielt das Department 173 medizinische Zentren, 389 Kliniken und 131 Pflegeheime. Im Jahr 1995 wurde DHCP für den Smithsonian Preis für die beste Anwendung der Informationstechnologie nominiert. Da diese Software durch und für die US-Regierung entwickelt wurde, ist der Quellcode größtenteils Public Domain.

Damit ist VISTA ein gutes Beispiel dafür, wie eine auf der Erkenntnis der Vorteile Freier Software fußende öffentliche Förderung zu einem erfolgreichen Softwareprojekt führen kann - schon lange bevor Linux und Open Source in den Fokus einer nennenswert großen Anwendergemeinschaft rückte. Nach wie vor ist VISTA vorwiegend in den USA ein Erfolgsprodukt. Leider ist es auf Grund seiner Komplexität noch nicht in Debian integriert.

3.2. Hinderlich

Werbung für proprietäre Software

Oft steht hinter proprietären Softwareprodukten eine zugkräftige Werbestrategie, die aus verschiedenen Gründen bei Freier Software keinen Einsatz findet. Daher ist der Kontakt potentieller Anwender mit proprietären Konkurrenzprodukten sehr viel wahrscheinlicher als mit einem eventuell gleichwertigen freien Produkt. Dieser Effekt wird bei Standardsoftware durch eine positive Mund-zu-Mund-Propaganda innerhalb einer Community weitgehend ausgeglichen. Das Problem bei Spezialsoftware ist allerdings, daß die Bildung einer Community problematisch ist und daher eine Verbreitung von Informationen auf diesem Weg stark eingeschränkt ist. Insofern ist Freie Software in Spezialgebieten hinsichtlich einer Produktentscheidung durch den Anwender seinen proprietären Pendants unterlegen.

Unterschiedliche Präferenzen von Initiatoren

Ein weiteres Problem bei Spezialsoftware ist die Tatsache, daß die wenigen Programmierer, die sich eines solchen Problems annehmen, oft unterschiedliche Entscheidungen über die verwendeten Werkzeuge und Techniken fällen. Die Folge ist eine Aufsplittung der ohnehin geringen Entwicklerzahl in zahlreiche einzelne Projekte, die sich kaum gegenseitig befruchten können.